Wir hatten im Rahmen unserer Go-Further-Kampagne die Möglichkeit, mit Johannes Haas zu sprechen. Er ist Gründer und Gesellschafter der Avalon Digital GbR sowie Vorstand für Projektkoordination & Qualitätsmanagement bei der studentischen Unternehmensberatung INSTEAD e. V. aus Passau. Wir konnten uns mit ihm über seine Anfänge und Learnings als Co-Founder einer Online-Marketing-Agentur, über seine Passion für Webdesign mit WordPress und seine Lehren bei der IT-Stabstelle und Werkstudententätigkeiten u. a. in der Data Science unterhalten.
BDSU: Zunächst blicken wir auf deinen Lebenslauf vor dem Studium: Du hast vor deinem Studium im November 2018 Avalon Digital, eine Marketingagentur mit Spezialisierung auf Webdesign, Onlineshops, Social Media und Branding gegründet. Welche Herausforderungen sind Antoine Thomas, deinem Gründerpartner bei Avalon Digital, und dir bis jetzt begegnet und wie seid ihr diese angegangen? Was hast du daraus gelernt?
Als noch sehr junge Gründer mit gerade einmal 18 Jahren war für uns die Gründung an sich schon einmal die erste Herausforderung. Wir waren noch Schüler im letzten Jahrgang und hatten absolut keine Ahnung darüber, wie man eine Firma leitet oder strukturiert geschweige denn überhaupt zur Gründung bringt. Die erste schwierige Herausforderung war: Was mache ich, wenn ein Kunde nicht zahlt – da habe ich auch einmal Geld verloren. Ganz schön kompliziert fand ich die selbstständige Klärung zur Einkommen- und Umsatzsteuer ohne Hilfe eines Steuerberaters. Die größte Hilfe in dieser Zeit zur Bewältigung verschiedener Herausforderungen war unser Drang, etwas Neues zu lernen und unsere Motivation, uns so lange mit dem Thema zu beschäftigen, bis wir wussten, was der richtige Lösungsansatz ist. So haben wir uns dann von einer Gewerbeanmeldung über die erste Kundenakquise zu unseren ersten Steuererklärungen voran gearbeitet. Ich habe aus dieser Zeit vor allem gelernt, dass keine Herausforderung zu groß ist, wenn man bereit ist, alles für die Idee und Vision zu geben und bereit ist, vieles zu lernen sowie akzeptiert, dass man auch mal Fehler macht.
BDSU: Wie viel Zeit hast du in den Aufbau deiner Selbstständigkeit ungefähr investiert?
Es ist unglaublich schwer, das jetzt so pauschal zu sagen und schwierig, die Phase des Aufbaus in einen genauen Zeitraum einzugrenzen. Wir haben zu Beginn der Firma mit Fotografie angefangen und damals unsere Wochenenden auf verschiedenen Events verbracht, um dort Bilder für Social Media von verschiedenen Veranstaltern zu produzieren. Durch meine Vorkenntnisse durch die Erstellung unserer eigenen Website kamen wir dann auf die Idee, auch die Erstellung von Webseiten in unser Portfolio aufzunehmen. Es waren damit zwei verschiedene Phasen des Aufbaus mit unterschiedlichem Zeitaufwand. Ich schätze, dass ich in der Anfangszeit 10-15 Stunden pro Woche investiert habe für Fragestellungen rund um die Gründung über Buchführung bis zu Kundenprojekten. Zu viel Zeit durfte es nicht sein, da dies während der Oberstufe im Gymnasium parallel zur Abiturvorbereitung war.
BDSU: Die Avalon Digital GbR besteht mittlerweile seit drei Jahren. Welche drei Tipps aus deiner Erfahrung würdest du Studierenden, die gründen wollen, mit auf den Weg geben?
Also mein erster Tipp ist, die Dinge einfach anzugehen und zu versuchen. In unserem Alter kann bei solchen Dingen noch relativ wenig schiefgehen und man hat eine unglaublich große Lernkurve.
Mein zweiter Tipp wäre, zu Beginn der Gründung eine Zeit lang, das Ziel der Profitabilität nicht in den Vordergrund zu stellen und lieber eine Zeit lang unter dem gewünschten Preispunkt zu arbeiten, um sich ein Kunden- und Auftragsportfolio aufzubauen und dann stückweise von Projekt zu Projekt und zunehmender Erfahrung die Preise anzupassen.
Mein letzter Tipp ist Anregungen, Kritik und vor allem Hilfe immer offen und dankbar aufzunehmen, da dies die wichtigsten Dinge sind, um sich weiterentwickeln zu können. Man ist als Gründer häufig auf einem Auge blind ist, was die eigene Arbeit angeht.
BDSU: Auf den ersten Blick schließt man von deinem Studiengang „Wirtschaftsinformatik“ nicht sofort auf die Selbstständigkeit durch die Gründung einer Marketingagentur. Was begeistert dich an der Erstellung von Webseiten so sehr, sodass du mit einem weiteren Gesellschafter dein Interesse mittlerweile beruflich umsetzt?
Mich hat das Internet und Technik generell schon immer interessiert und zwar so sehr, dass ich die Passwörter meiner Eltern erraten oder die Fritzbox umprogrammiert habe, um mehr Zeit am PC verbringen zu können. Zur ersten Erstellung von Websites kam ich dann mit einem guten Freund durch die Gründung eines digitalen Ablegers der Schülerzeitung, für die ich mich engagiert habe. Dafür brauchten wir eine Website und somit wurde ich dann in die Welt des Webdesigns gezogen. Was mich an dem Thema Webdesign so fasziniert ist die Vielseitigkeit, die das Thema mit sich bringt. Jeder Kunde hat neue Wünsche, neue Ideen, einen anderen Geschmack und bringt andere Probleme mit, die es zu lösen gilt. Für mich ist es immer wieder ein unglaublich gutes Gefühl, wenn wir eine neue Website veröffentlichen oder an einer bestehenden Seite einen neuen Kundenwunsch erfolgreich implementieren. Man sieht täglich das Ergebnis der eigenen Arbeit.
BDSU: Webdesign ist eine herausfordernde Aufgabenstellung, vor allem in Kooperation mit Kunden, da viele technische Anforderungen und Designbedürfnisse berücksichtigt werden müssen. Hast du im Laufe der Zeit Methoden und Techniken für dich herausgefunden, wie du möglichst effizient und strukturiert Webseiten baust?
Zu Beginn unserer Arbeit hatten wir noch keine Prozesse oder besonderen Methoden, nach denen wir vorgegangen sind. Jedoch haben wir nach unseren ersten Websites einen Prozess mit einiger Inspiration von außen entwickelt, mit dem wir jetzt einen sehr flüssigen und klar strukturierten Ablauf haben. Der Prozess stellt sicher, dass die Wünsche der Kunden möglichst klar erfasst werden, damit wir diese bei der Erstellung der Website berücksichtigen können. Zudem haben wir noch einige Feedbackschleifen, in denen wir mit Kunden über verschiedene Designelemente und Ideen gehen, damit diese dann direkt an visuellen Beispielen ihre Änderungswünsche äußern können.
BDSU: Du bist neben deiner Selbstständigkeit und diversen Werkstudententätigkeiten Vorstand für Qualitätsmanagement und Projektkoordination bei der studentischen Unternehmensberatung INSTEAD e. V. in Passau. Hast du dein Wissen aus dem Studium in JE-Projekten schon mal angewandt? Welche Projekte waren das?
Ja tatsächlich schon. Ich habe im letzten Semester mit meinem Ressort und dem Vorstandsteam den Verein umstrukturiert und die Prozesse neu modelliert. So konnte ich direkt meine Kenntnisse aus der Vorlesung Geschäftsprozessmanagement mit einfließen lassen. In der Stabsststelle IT war es mir möglich, mein Wissen aus dem Webdesign und WordPress einzubauen.
BDSU: Etwa ein Drittel aller Unternehmen weltweit nutzen für ihre Homepages WordPress. Während du beim BDSU warst, hast du vor allem mit diesem Content Management System gearbeitet. Was hat dich dazu bewegt, dich speziell in dieses Tool „hineinzufuchsen“ und dir so die Techniken des Webdesigns über WordPress selbst beizubringen?
WordPress habe ich bereits bei der Erstellung meiner ersten Websites kennengelernt und dieses ist auch die Basis für die meisten unsere Projekte. Was an WordPress im Vergleich zu anderen CMS so besonders ist, sind die viele Möglichkeiten, welche man geboten bekommt. Für quasi jedes Problem gibt es bereits jemanden, der einmal das gleiche Problem hatte und eine Lösung gefunden hat. Des Weiteren gibt es unglaublich viele Plugins, mit welchen man aus einem WordPress-Blog so ziemlich alles hin von einem Online-Shop zu einem Kundenportal umsetzen kann.
BDSU: Du hast beim BDSU in der IT-Stabsstelle knapp ein Jahr eigene WordPress-Plugins entwickelt, WordPress-Instanzen verwaltet und Powershell-Skripte geschrieben. Welche Ideen oder Operationen hast du damit konkret verfolgt, die du auch technisch umgesetzt hast?
Ehrlicherweise habe ich beim BDSU in der IT jetzt nicht großartige eigene Ziele und Ideen verfolgt, sondern hatte einen Riesenspaß daran, mit anderen aus der Stabsstelle IT die Probleme oder Fragen der Mitglieder zu lösen. In meinem Aufgabenbereich, der WordPress-Instanzen, habe ich dann auch zwei kleine Plugins geschrieben, um kleine nervige Problemchen zu lösen. Ich habe in dieser Zeit enorm viel über Office365 und Powershell lernen können und kann deshalb jedem ITler nur raten, sich im BDSU zu engagieren und die Möglichkeit zu nutzen, etwas Neues zu lernen.
BDSU: Gab es, bedingt durch die Verbandsstruktur des BDSU und die verschiedenen Interessen von Ressorts, für dich Herausforderungen bei der technischen Beratung und Weiterentwicklung der Website? Falls ja, wie konntest du die Konflikte bei Website-Themen lösen?
Als ITler im BDSU hat man quasi eine Servicefunktion für die anderen Ressorts inne. Natürlich gibt es auch verschiedene IT-Policies oder Compliance-Angelegenheiten, an die man sich zu halten hat. Es ist durchaus ein Thema, dass ein Ressort ein Projekt umsetzen möchte, was aber dann aufgrund der Compliance nicht funktioniert. In solchen Fällen muss man dann mit verschiedenen Leuten kommunizieren, die ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen von gewissen Dingen haben. Dies wird dann mit der Stabstelle IT abgeklärt und auf einen gemeinsamen Nenner gebracht. Das konnte beim BDSU aber immer durch eine gute gemeinsame Kommunikation geklärt und dann auch gelöst werden. Ich kann auch wirklich nur jedem und jeder JE-ITlerIn raten, sich dieser Challenge beim BDSU zu stellen und die Lernkurve mitzunehmen – auch im Sinne der Kommunikation über verschiedenste Ressorts hinweg.
BDSU: Von März bis Dezember 2020 warst du Werkstudent bei DataLion GmbH, einem Entwickler von Dashboard-Software für Data-Themen wie BI, Big Data, Marktforschung und IoT. Worin konkret siehst du das Zukunftspotenzial in der Data Science und welche Rolle können zukünftige Studierende in diesem Feld beitragen, um Unternehmen durch die Auswertung unstrukturierter Daten nach vorne zu bringen?
Data Science bietet Unternehmen bereits jetzt neue Möglichkeiten, schnell und effizient an aufbereitete Daten für fundierte Analysen zu kommen. In meiner Zeit als Werkstudent konnte ich dies live sehen und meiner Meinung nach ist Data Science in der Zukunft ein klarer Wettbewerbsvorteil. Durch Data Science kann man Daten sehr schnell visualisieren und auswerten. Ein sehr wichtiger Einsatzbereich ist dabei das Kundenverhalten, welches durch Big Data besser analysiert werden kann. Dadurch können Produkte und Werbung gezielter daran ausgerichtet werden. Dies war auch der Kern meiner Arbeit bei Data Lion. Jedoch gehört zu Data Science nach dem Verständnis, welches ich davon habe, die Analyse von jeglichen Daten, von Prozessoptimierung bis hin zu selbstfahrenden Autos und Machine Learning. Ein weiteres gutes Beispiel für eine unglaublich gute Nutzung von Data Science ist unser BDSU-Kurator Celonis, der mit der eigens entwickelten Process-Mining Software Verbesserungspotenziale aufzeigt, welche den Kunden langfristig Zeit und Geld sparen lassen. Zukünftige Studierende sind da einerseits als die Fachkräfte von morgen enorm wichtig, da dieser Bereich in den nächsten Jahren weiterhin stark wachsen wird und es sowieso schon zu wenige IT-Fachkräfte gibt. Andererseits können studentische BeraterInnen ihre Kunden in genau solchen Lösungen beraten, damit diese nicht noch weiter von den technischen Entwicklungen abgehängt werden. Für genau solche Zwecke bietet Celonis auch den Process Mining Expert Track, welcher uns mit dem nötigen Wissen ausstattet, um dann mit Celonis-Prozesse zu optimieren.