Coolar entwickelt nachhaltige Kühlschränke zur Kühlung von Impfstoffen in Entwicklungsländern. Nicola Wiggers hat sich mit Christoph Göller, einem der Gründer von Coolar, über die bisherige Entwicklung des Startups unterhalten.
Welche Idee steckt hinter Coolar?
Coolar hatte die Idee, einen Kühlschrank zu entwickeln, der komplett ohne Strom und hundertprozentig auf Wasserbasis funktioniert. Im Gegensatz zu konventionellen Kühlschränken nehmen wir kein Gasgemisch, weil diese oft sehr klimaschädlich, hoch brennbar oder giftig sind.
Ohne Strom? Wie funktioniert das?
Wir nutzen über Solarwärmeanlagen direkt die Wärme der Sonne. Damit können wir bis zu 90 Prozent der Energie, die von der Sonne kommt, tatsächlich auffangen. Zudem lässt sich die so gewonnene Energie effizient speichern. Normalerweise werden für die Speicherung von Solarstrom Batterien gebraucht. Bei warmen Temperaturen über 25 Grad, wie das beispielsweise in Regionen wie Nordkenia der Fall ist, hält eine Batterie jedoch nicht sonderlich lange. Und genau das ist der Flaschenhals, weil die oft kaputtgehen oder gewartet werden müssen. Deswegen haben wir ein System entwickelt, welches druckgesteuert über solarthermisch erzeugtes Heißwasser und besondere Materialien wie Silicagel die Kühlschränke versorgt. So brauchen wir keine Batterien mehr.
Wie seid ihr auf die Idee hinter Coolar gekommen?
Julia hat in ihrem Wirtschaftsingenieursstudium ein Praktikum bei einer Firma absolviert, die wasserbasierte Kühlung im industriellen Bereich anbietet. Sie dachte schon damals, dass es eigentlich viel zu schade ist, diese nachhaltige Technologie nur im industriellen Rahmen zu nutzen. Während einer Summer School von EIT Climate-KIC (eine Cleantech-Initiative der Europäischen Union), griff sie diesen Gedanken wieder auf und hat dann die Idee entwickelt, diese Technologie im Kühlschrank anzuwenden. Im Anschluss an die Summer School hat Julia darüber ihre Masterarbeit an der TU Berlin geschrieben und wissenschaftlich validiert, dass das technisch auch machbar ist.
Wie leicht bzw. schwer fiel euch die Gründung?
Ich denke, die bloße Gründung ist für Social Startups keine große Hürde. Als Julia für ihre Masterarbeit eine gute Bewertung bekam, hat sie das Konzept in Acceleratorprogrammen gepitcht und wurde beim Hardware-Accelerator im betahaus angenommen. Dadurch gab es dann auch erstes Coaching wo klar wurde, dass das Team in verschiedenen Bereichen mehr Expertise braucht. Dadurch kamen wir anderen Gründer dazu. Aufgrund unserer verschiedenen Kompetenzen ergänzen wir uns sehr gut.
Worin siehst du beim Gründungsprozess von Social Startups die größte Hürde?
Die größte Hürde sehe ich darin, ein tragfähiges Geschäftsmodell zu finden und in die Tat umzusetzen. Doch wie kann ich mir sicher sein, dass mein Modell wirklich funktioniert? Hier helfen Inkubatoren oder Netzwerke wie das Impact Hub, das Social Impact Lab, Climate-KIC und viele andere weiter. Mit fachkundigen Mentoren kann man über kritisches Feedback eine erste Validierung des Geschäftskonzepts und des Produkts hinbekommen. Das ersetzt natürlich nicht den letztendlichen Kontakt mit Nutznießern der Produkte und den Lernprozess bei der Etablierung des Produkts im Markt und des Geschäftsmodells mit all ihren Herausforderungen.
Und welche Schwierigkeiten musstet ihr bis jetzt überwinden?
Unsere größte Herausforderung war eigentlich immer die finanzielle Unsicherheit. Gerade bei einem innovativen Produkt mit Hardware-Entwicklung, die sehr kapital- und zeitintensiv ist, kann man nicht sofort Umsätze erzielen. Durch Pitches und Wettbewerbsteilnahmen haben wir uns Förderung und Preisgelder erarbeitet und so das Problem zeitweise gelöst. Trotzdem verlangt uns das Thema noch immer viel Nerven und Durchhaltevermögen ab. Da hilft es dann, Impact-motiviert zu sein und nicht finanziell motiviert. Wobei wir das auch sind. (lacht)
Was ist euer derzeitiger Stand?
2014 haben wir den ersten Prototypen gebaut. Mit ihm haben wir gezeigt, dass unsere Technologie in kompaktem Format für Kühlschränke tauglich ist. Seitdem haben wir sukzessive Prototypen getestet und die Performance verbessert, sodass wir Anfang des Jahres einen Kühlschrank testen konnten, der im Off-Grid-Betrieb auf Teneriffa auch bei bis zu 36 Grad tatsächlich die nötigen Temperaturen geschafft hat, die für Medizin und Impfstoffe gebraucht werden. Seit 2015 stehen wir außerdem im Austausch mit Mitarbeitern von “Ärzte ohne Grenzen”, die uns über die Bedarfe für Kühlungen in Entwicklungsprojekten in entlegenen Regionen informieren. Aktuell haben wir über ein Investment in Kombination mit Fördermitteln Finanzierung erhalten, um die letzten Entwicklungsschritte abzuschließen, Pilotprojekte umzusetzen und dann die ersten Verkäufe erzielen zu können.
Was sind eure Pläne für die Zukunft?
Wir streben an, dass wir diese wasserbasierte, grundlegend ökologisch nachhaltige Technologie in so viele Anwendungen wie möglich bringen. Dazu zählt beispielsweise die Kühlung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, insbesondere zwischen Erzeuger und Exporteur stationär oder auch während des Transports. Letzten Endes könnte man sich auch einen Haushaltskühlschrank auf dieser Basis vorstellen.
Welchen Rat würdest du Menschen mitgeben, die selber ein Social Startup gründen möchten?
Ihr müsst damit am Ende auch Geld verdienen können, also euer Projekt muss finanziell tragfähig sein. Sonst macht das keinen Spaß, denn ihr müsst Miete bezahlen, ihr müsst essen. Nur weil man finanziell tragfähig ist, ist man nicht unsozial – es gehört einfach dazu, denn sonst ist das Ganze wenig nachhaltig. Das sind Überlegungen, die man glaube ich von Anfang an mit einbeziehen sollte und die in der Social Impact Szene manchmal vor Enthusiasmus für die Idee und für die soziale Wirkung, die man entfalten möchte, vernachlässigt. Je nach Projektidee ist es vielleicht die bessere Möglichkeit, ein durch Spenden- oder Mitgliedsbeiträge finanziertes Modell zu finden.