Am 15. November ging es mit dem Zug um 5.55 Uhr zum Frankfurter Flughafen, wo der BDU Kongress „Deutsche Beratertag 2019“ im Hilton Hotel stattfand. Im Folgenden möchte ich euch vom Ablauf dieses ereignisreichen Tages berichten. Ihr werden sehen, dass hierbei der Fokus v.a. auf drei Punkten liegt:
- Entwicklung der Beratungsbranche
- Vergleich zwischen Deutschem Beratertag und BDSU Kongress
- Herausforderungen und Chancen für studentische Unternehmensberater*innen
1 Programm
1.1 Eröffnungsplenum
Um 9.15 Uhr begann der Deutsche Beratertag mit einer Begrüßung durch den Geschäftsführer des BDU, Christoph Weyrather, und der Vorstellung des Moderators Daniel Rettig, Reaktionsleiter der ada-Plattform der Handelsblatt GmbH.
Es folgt der erste Vortrag des Tages über die Wirtschaftsentwicklung von Prof. Dr. Henning Vöpel. Als wesentliche Veränderungen nach 2020 betonte er …
- Globalisierung,
- Digitalisierung und „Disruption“ bestehender Geschäftsmodelle sowie
- Dekarbonisierung, d.h. die Entwertung von „fossilem“ Kapital.
Hierzu sollten mit öffentlichen Investitionen die Rezession bekämpft werden, Unsicherheit durch zu schaffendes Vertrauen reduziert sowie ein Strukturwandel eingeleitet werden.
Im zweiten Programmpunkt gab Ralf Strehlau, BDU-Präsident, in einem Interview Einblicke in die Entwicklung der Beratungsbranche. Das Wachstum der Branche ginge auch mit dem Druck einher, dass Akquise aufwändiger werde, Kunden mehr Zeit im Projekt erwarteten und Mitarbeiter gecoacht würden wollen. Beratungen müssten sich zudem mehr bewusst machen, dass Mehrwerte für Unternehmen auch Mehrwerte für die Gesellschaft widerspiegeln sollten. Neben weiteren Aspekten wurde auch auf den Beraternachwuchs eingegangen, welcher sich Umfragen zufolge reise- sowie umzugsbereit zeige, allerdings Sabbaticals als weniger wichtig erachteten.
Zum Dritten erläuterte Iris Grewe von BearingPoint welche Möglichkeiten mit der Digitalisierung in der Branche einhergehen. Sie fokussierte folgende fünf Punkte:
- Kundennähe: Externe Ansätze sollten auf die individuellen betrieblichen Abläufe übertragen werden und Zeit für Wissenstransfer gegeben sein.
- Mensch-Maschine: Es sollte eine ganzheitliche Betrachtung von Technologien, Abläufen, Organisationsstruktur/-strategie und Personen erfolgen. Vertrauen und Erfahrung liegt auch bei allen technologischen Neuerungen immer noch beim Menschen.
- Honorar: Kunden fordern heutzutage mehr Risikobeteiligung der Beratungen, was andere Honorar-Modelle vorsehen.
- Mitarbeitende: Der Zweck von Unternehmen ist zu begründen, da der Wertbeitrag für die Gesellschaft für Mitarbeitende wichtiger wird als die Wertschöpfung selbst. Coaching, Kenntnisse zu agilen Methoden, Kreativität, Kommunikationsstärke, Empathie und flache Hierarchien sind in diesem Kontext auszubauen.
- Ökosysteme: Kollaborationen zwischen Beratungen unterschiedlicher Größe etc. werden in Zukunft v.a. auch hinsichtlich Technologiepartnerschaften wichtiger.
1.2 Gespräch zwischen BDU & BDSU in der Kaffeepause
Während der ersten Kaffeepause traf ich auf Stefanie Rasel, im BDU zuständig für den Bereich Projektmanagement, HR und Nachwuchs. Zusammen mit Lisa Beisemann als BDSU Mitglied ergab sich ein Gespräch über den besseren Austausch zwischen jetzigen und zukünftigen Berater*innen.
Der BDU stellt auf seiner Website bereits u.a. Tipps zum Einstieg in die Beratung zur Verfügung, kündigt allerding auch weitere Formate an. Mitgliedsinitiativen sollen dadurch für potenzielle Bewerber*innen transparenter und ein persönliches Treffen bei Workshops etc. möglicher werden.
Zudem gelte es die Bekanntheit von studentischen Unternehmensberatungen zu vergrößern. Als Bindeglied zwischen Studierenden und Beratungen sei das Potential, für die studentische Unternehmensberatung zu werben, sicher noch nicht ausgeschöpft. V.a. Vertreter*innen von exotischen Studienfächern erkennen oft nicht die Chancen der Mitarbeit in einer Junior Enterprise (JE).
1.3 Podiumsdiskussion
Zum Abschluss des Plenums ergab sich in der Podiumsdiskussion zum Thema „Engpass Beraternachwuchs: Lösungen in Sicht?“ ein recht einheitliches Bild. Judith Kederer von BearingPoint, Sabine Reuss von Capgemini und Larissa Kersten von Karer Consulting führten aus, dass sich der Wettbewerb um junge Talente geändert habe. Aus diesem Grund sollten…
- die Kultur und den Sinn jeder einzelnen Beratung deutlicher aufgezeigt,
- Mitarbeiter und deren Wünsche und Werte in den Mittelpunkt gestellt,
- individuellere Profile (Quereinsteiger, unterschiedliche Studienhintergründe) gesucht,
- mehrere Arbeitszeitmodelle, klimafreundliche Dienstwägen etc. angeboten sowie
- Spaß und Community in der Beratung gestärkt werden.
Lisa Beisemann vertrat als vierte Teilnehmerin der Runde die Position des studentischen Nachwuchses. Sie führte aus, dass die meisten von uns Jeler*innen überdurchschnittlich engagiert und an einem Einstieg in eine Beratung interessiert sind. Hierfür nehmen wir sowohl Umzüge als auch Reisen in Kauf. Je nach Person unterscheiden sich die Präferenzen zu Beratungsgröße, Projektherausforderungen, Arbeitszeitmodellen und Work-Life-Balance bzw. – Separation.
Die Diskussion brachte keine wirklich neuen Erkenntnisse, was sich der Berater*innennachwuchs wünscht. Die große offene Frage bleibt, wie die praktische Umsetzung aussieht. Auch der Mehrwert, den Jeler*innen bringen können, wurde nur teilweise angesprochen. Eine Projektvorstellung und mehrere Best Practises hätten sicherlich ein noch besseres Verständnis geschaffen. Über dieses allgemeine Informationsniveau ging man eher in den anschließenden FokusForen.
1.4 FokusForen
Am Nachmittag gab es nach der Mittagspause zwei Einheiten mit sogenannten FokusForen. Bei diesem Format teilen sich die Teilnehmenden in Gruppen auf und besuchen einen Vortrag mit anschließender Diskussion. Natürlich fanden sich die anwesenden Jeler*innen bei der Runde „Zusammenarbeit mit studentischen Unternehmensberatungen“ ein.
Zwei Beratungen stellten Ihre Erfahrungen vor. Guido Becker von NEXGEN hat erfolgreich seine Strategie mithilfe von studentischen Berater*innen entwickelt und sieht diese v.a. als verlängerte Werkbank an. Gelobt wurden v.a. die Einsatzbereitschaft, gute Präsentationsunterlagen sowie Argumentation und Handlungsempfehlungen. Dr. Felten von MUUUH! sieht bei einer Kooperation überschaubare Investments, welche sich ehe in Zeit bei Kuratoriumssitzungen und Zertifizierungsvorbereitung als in Geld äußern, kombiniert mit erhöhten Recruiting Möglichkeiten, einer Projektakquise durch Vereinsalumni und Spaß.
Zwischendurch wird nochmals der Blickwinkel gewechselt, indem der studentische Berater Dustin Lang von MarcAurelConsult seine JE vorstellt und einem Projekt im Bereich Datenanalyse, welches in Zusammenarbeit mit einer Beratung durchgeführt wurde, erläutert.
Bei der anschließenden Diskussion wird klar, dass mehr als 50 Jahre JE-Existenz sowie Daten und Fakten über studentische Unternehmensberatung auf der Website des BDU nicht alle Fragen ausgeräumt haben. Es werden Fragen zum Bewerbungs-/Projektbesetzung- und Projektcontrollingprozess gestellt. Eine hitzigere Debatte entsteht beim Thema, welche Projekte einem studentischen Berater zumutbar sind, da diese die Erfahrungen der gestandenen Berater*innen sowie deren Coaching benötigen. Mit einigen Beispielen aus dem Projektalltag unserer anwesenden BDSU Jeler*innen ergibt sich ein deutliches Bild über unsere mitgebrachte Kompetenz und die Machbarkeit von großen Projekten. So mancher Zuhörer und Referent ist hier noch skeptisch, was für uns alle bedeutet, auch in Zukunft durch unsere Leistungen weiterhin zu überzeugen, um Zweifel dieser Art auszuräumen.
1.5 Abschlussplenum
Für den finalen Vortrag des Tages wurde der Blickwinkel gewechselt. Statt von einer Beratung, stellte Hr. Deimer selbst das Best Practise Beispiel von Lufthansa AirPlus vor und dessen Wandel zu einem agilen Unternehmen. Sein Vortrag bringt einen gelungenen Ausklang der Veranstaltung, da er die Benefits von Berater*innen als Knowhow-Lieferanten, Katalysatoren und Motivatoren mit der Umsetzungsdurchführung des Unternehmens vereint.
2 Fazit
Unsere Zukunft als Nachwuchsberater*innen sieht, trotz der fraglichen allgemeinen Wirtschaftsentwicklung, vielversprechend aus. Die Beratungen scheinen neue Trends und Wünsche der Mitarbeitenden erkannt und entsprechende Maßnahmen teilweise umgesetzt zu haben.
Was den Vergleich zwischen Deutschem Beratertag und BDSU Kongress angeht, steht bei beiden Events u.a. der Netzwerkgedanke im Fokus, welcher sich v.a. bei den Gesprächen in den Pausen zeigte. Für das BDSU Kongressplenum wünsche ich mir persönlich mehr Fachvorträge und Best Practises, wie ich sie beim Deutschen Beratertag erlebt habe. Was die FokusForen angeht, sind wir mit unserem JE2JE-Austauschformat schon einen Schritt weiter, da wir in kleineren Gruppen Themen besser diskutieren können, statt nach einem Frontalvortrag nur Fragen an den/die Redner*in zu stellen. V.a. die gegenseitige Unterstützung zwischen den Mitgliedsinitiativen wird im BDSU deutlich gelebt.
Die Herausforderungen und Chancen für studentische Unternehmensberater*innen wurden erkannt und vorgestellt. Hier gilt es den Austausch weiter zu vertiefen und durch gezielte Projektvorstellungen noch mehr von unserem Können zu überzeugen. Dies ist eine Herausforderung, welche bei einer künftigen Zusammenarbeit zwischen BDU und BDSU noch weiter angegangen wird.
Insgesamt hat der Tag mir vielen interessante Eindrücke vermittelt und eine Menge Spaß gemacht. Auch euch kann ich eine Teilnahme am nächsten Deutschen Beratertag sehr empfehlen.
Weiterführende Links
- BDU e.V.: https://www.bdu.de/
- Veranstaltungsdetails: https://www.bdu.de/veranstaltungen/deutscher-beratertag-2019